Why not Socialism?

Why not Socialism?
Gerald Allen Cohen, 2012-06

Ich wollte wieder einmal wissen, was der «Feind» denkt. Dabei wurde ich – natürlich – in all meinen (Vor-)Urteilen bestätigt: Wer links denkt, ist dumm!

Cohen, emeritierter Professor am All Souls College, University of Oxford, soll mit «Karl Marx’s Theory of History: A Defence» (1978) eine bahnbrechende Neu-Interpretation der Marx’schen Theorie des historischen Materialismus geleistet haben (Wikipedia).

Im kurzen Essay «Why not Socialisms» (knapp 85 kleine Seiten mit grossen Buchstaben) postuliert er, dass es der Welt und den Menschen besser ginge, wenn Sozialismus herrschen würde.

Der Text strotzt von Idealismen; im Wesentlichen stellt er Behauptungen auf, ohne sie zu begründen, und er träumt von Utopien, die nicht realisierbar sind (sic Cohen), weil die Maschinerie der modernen Gesellschaft so komplex ist, dass sich der Sozialismus, der ihm vorschwebt, nicht umsetzen lässt.

Die Metapher, auf der er die Überlegenheit und Erstrebbarkeit des Sozialismus illustriert, ist der Camping-Trip, bei dem alle allen helfen, spontan Hand anlegen, wo erforderlich, wo schlicht und einfach Freude herrscht: Friede, Freude, Eierkuchen.

Ein unsäglich dummer und gleichzeitig demagogischer Text, der allerdings auch, wenn man ihn zum Nennwert nimmt und mit der akademischen Stellung des Verfassers korreliert, illustriert, wie tief das Niveau der Geisteswissenschaften gesunken ist.

Cohen’s roter Faden ist das Mantra «gerecht ist gleich» und die Überzeugung, dass es wünschbar und möglich ist, einen neuen Menschen zu schaffen, der diesem Mantra gerecht wird.

Das Thema «Freiheit» und der Zielkonflikt zwischen dem, was Cohen als wünschbar und gerecht ansieht, und der Freiheit, kommen nicht vor. Offenbar kommt Cohen ohne Freiheit aus. Oder er gehört zur Kategorie von Intellektuellen, der sich zur Kaste der Wissenden zählt, die am Steuer sitzen und der Menschheit den Weg zum Paradies zeigen können, und deshalb per definitionem frei sind oder sein müssen. Diejenigen, die diesen Weg nicht selber finden können oder wollen, sollen doch bitte dankbar und glücklich sein, wenn man ihn ihnen zeigt. Solange sie folgen, brauchen sie ja keine Freiheit. Und wenn sie sie hätten, könnten sie ja nicht damit umgehen. Das ist ja auch für Cohen empirisch belegt; für ihn steht jedenfalls fest, dass alle Menschen (unausgesprochen ist wohl gemeint: «ausser die Wissenden») ausschliesslich von Gier (nach Mehr) oder Angst (vor dem Verlust ihrer Besitzstände) motiviert sind.

Wenn es doch so einfach wäre…

Nur empfehlenswert für Leserinnen und Leser, deren Adrenalinspiegel einen Kick braucht.

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