The Book of Mirrors – One man’s truth is another man’s lie

The Book of Mirrors – One man’s truth is another man’s lie
E. O. Chirovici, 2017-06

Auf dieses Buch bin ich durch die ARD-Sendung ‚Druckfrisch’ gestossen. Denis Scheck, Moderator der Sendung, sagt über das Buch:

Thriller gibt es viele. Dieser aber ist etwas Besonderes. Der Erstling des in England lebenden Rumänen E. O. Chirovici «Das Buch der Spiegel» ist ein Roman, der an sich einander Ausschliessendes vereint: die Spannung eines gut gebauten Krimis mit der erzählerischen Raffinesse eines Werks von Vladimir Nabokov.

Die Handlung? Ein New Yorker Literaturagent erhält den Auszug eines Manuskripts mit dem Titel «Das Buch der Spiegel» zur Prüfung. Erzählt wird darin eine vertrackte Liebesgeschichte in Princeton, in der eine hochintelligente attraktive Studentin hin und her gerissen scheint zwischen der Liebe zu einem jungen Studenten, der zugleich Mitbewohner ihrer Wohnung ist, einem früheren Lover in New York und einem internationalen Star des akademischen Betriebs, einem Psychologieprofessor, der nichts lieber tut, als die Erinnerungen seiner Mitmenschen sublim zu manipulieren.

Dies rechtfertigt der Professor mit dem Argument: «Wenn es einen Haufen Leute gibt, die sich unters Messers legen, weil sie hübschere Beine, Nasen oder Hinterteile haben wollen, was spricht dann gegen kosmetische Chirurgie am Gedächtnis?»

Doch worin besteht dann der Unterschied zu Gehirnwäsche? Am Ende ist der Professor tot, die attraktive Studentin macht eine glänzende Karriere, die vielleicht auf einer gestohlenen Dissertation beruht, und ihr einstiger Mitbewohner, der Erzähler des Manuskripts, ist selbst unheilbar krank und hat sein Buch über die Hintergründe des Mordes an dem Psychologen offenbar abgebrochen. Der Literaturagent beginnt daraufhin, auf eigene Faust Ermittlungen anzustellen …

«Das Buch der Spiegel» kreist letztlich um die Frage, wie verlässlich unsere Erinnerungen an unsere eigene Lebensgeschichte sind, wieviel davon wahr und wieviel Konstruktion ist. Die letzten beiden Sätze dieses Romans geben ein gutes Beispiel für den wunderbar trockenen Humor und Erzählstil von E. O. Chirovici (gesprochen ‚Kirowitsch‘). Mit Blick auf Marcel Proust, den Autor von «Auf der Suche nach der verlorenen Zeit», schreibt Chirovici am Ende seines Romans «Ein grosser französischer Schriftsteller hat einmal bemerkt, Erinnerung an Vergangenes sei nicht unbedingt Erinnerung an wirklich Geschehenes. Ich vermute, er hat recht.»

Das ist Unterhaltungsliteratur auf hohem Niveau, im Thrillergenre ein herausragendes Buch.

Also vertrauen Sie mir, ich weiss, was ich tue, und lesen Sie E.O. Chirovichis «Das Buch der Spiegel», erschienen in der Übersetzung von Silvia Morawetz und Werner Schmitz bei Goldmann.

(ARD Homepage, Sendung vom 26. Februar 2017)

Dem kann ich nicht viel beifügen. Der englischsprachige Roman-Erstling dieses Autors (rumänisch-ungarisch-deutscher Familienhintergrund, aus Rumänien nach England eingewandert; lebt neuerdings in Brüssel) bietet eine spannende, faszinierende und sehr anspruchsvolle Lektüre. Es mischt Thriller mit Selbstfindungs-Drama, Kriminalistik mit Tiefenpsychologie, die Welt der akademischen Ellbogen-Karrieren mit dem Rotlicht- und Kleinkriminellen-Milieu. Es führt Leserinnen und Leser von einer Verwicklung zur anderen, von einer Sackgasse in die nächste, und es endet in der Tat mit einer Bestätigung des Untertitels «One man’s truth is another man’s lie». Wie Chirovici in seiner Schlussbetrachtung selbst sagt: «The Book of Mirrors» ist nicht ein «Who done it?», sondern ein «Why done it?»

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