
Haffner ist ein spannender, packender und sowohl, was die kriminalistische Seite als auch das mit dem Berliner Lokalkolorit eng ‚fusionierte‘ Milieu der Berliner US-Expatcommunity betrifft, ein ‚un-put-downable‘ Thriller gelungen. Ich habe die 300 Textseiten, trotz Ablenkung durch eine Vollnarkose und Hüftgelenkoperation in weniger als 2 Tagen verschlungen.
Haffner schreibt einen attraktiven gebildet-saloppen, süffigen Stil, der nur so von träfen, ironischen oder sarkastischen Leckerbissen strotzt; Beispiele:
- Was ich mir nicht leisten kann, habe ich nicht. Keinen Rolls-Royce, kein Heimweh.
- Finden und suchen sind zweierlei. Ich kann nur das eine. Das andere ergibt sich oder ergibt sich nicht.
- Na ja, wer den Tag mit einem Blätterteighörnchen (deutsch für Croissant, oder Krossang in berlinerisch) beginnt, fand Larry, darf sich nicht wundern, für impotent gehalten zu werden.
Der Plot ist raffiniert konstruiert, enthält sehr viele Subplots, die aber sehr kreativ miteinander verbunden sind; die Spannweite umfasst ein Start-up im Gebiet der Cyber-Security, die ukrainische Mafia; einen Privatdetektiv, der den ,Amerikaner in Berlin‘ gibt und völlig zufällig in verschiedene der am Ende miteinander verwobenen Subplots hineingerät; einen amerikanischen Erfolgsautor, der mit seiner Familie (exzentrische, aber abgewrackte Künstlerin-Frau und noch exzentrischere 18-jährige verwöhnte Tochter) zur US-Expatcommunity gehört; ein irrer und wirrer junger Mann, in den sich die Tochter verliebt; seltsam verworrene Familienbeziehungen; und Krimi-typische Feindseligkeiten zwischen Kriminalpolizei, Medien und Privatdetektiven.
Für Spannung, rätselhafte Verwicklungen und überraschende Lösungen ist also genug Stoff vorhanden. Es gelingt Peter Haffner ausgezeichnet, die Fäden in der Hand zu behalten und immer wieder zusammenzuführen.
Wenn ein Punkt zu kritisieren ist, dann eher die Überfülle an Themen, die Haffner in den Roman verpackt. Aus meiner Sicht wären diejenigen Passagen, in denen Theologie und Religion, beziehungsweise deren Perversion, zur Begründung des Antriebs eines der Hauptakteure herhalten müssen, verzichtbar. Aber das ist Geschmackssache.
Zwischen Haffners und Hansjörg Andereggs Thriller-Approach und -Stil bestehen durchaus frappierende Ähnlichkeiten. Das ist ein Kompliment für beide Autoren.
Haffner kommt zwar ohne den roten Faden eines zentralen technologischen Themas aus. Beide ähneln sich jedoch stark in der trockenen Sprache, in der Ironie, mit der sie ihre Sache anpacken, in der rasanten Handlung, in interessanten, gut recherchierten und sich abwechselnden Schauplätzen, und auch im gekonnten Wechsel zwischen Handlungsebene und reflektierender Metaebene.