Musik kommt aus der Stille – Gespräche mit Martin Meyer (Essays)

Musik kommt aus der Stille – Gespräche mit Martin Meyer (Essays)
András Schiff, Martin Meyer, 2017-20

Das ist ein wunderschönes Buch, ein Nachttisch- oder Lesebuch für Liebhaber von Musik im Allgemeinen, und natürlich von András Schiff und dessen Interpretationskunst. Es ist so dicht und prall gefüllt mit Hinweisen auf Musik, auf Interpretationstheorien (gute und schlechte, aus Schiffs Sicht), dass man bei einer Lektüre ‚am Stück’ wohl überfuttert und überfordert würde. Es lässt sich sehr gut häppchenweise lesen, beiseitelegen und ein paar Tage später wieder öffnen und bringt Leser oder Leserin dabei immer wieder zum ehrfürchtigen Staunen.

Die ersten rund 50 Seiten, die sehr persönlichen Gespräche von Martin Meyer (ehemaliger Chef des NZZ-Feuilletons) mit András Schiff, vermitteln einen tiefen Eindruck in den Werdegang und die musikalischen Werte und Überzeugungen von Schiff; man versteht nach der Lektüre viel besser, warum Schiff und seine Interpretationen so eindrücklich und einzigartig, und auch so exemplarisch sind.

In den anschliessenden Essays breitet Schiff seine Gedanken zu Komponisten, zu Interpretationsfragen, seine Eindrücke von Begegnungen mit anderen Interpreten und Dirigenten, die Einflüsse, die er von diesen bekommen hat aus; und zwar nicht als in sich geschlossene Theorie, sondern – wie der Titel ‚Essay’ ausdrückt – in anekdotischer, anregender, d.h. nicht belehrender Art und Weise aus. Das Bild, das er in den Gesprächen mit Meyer von sich selber gibt, wird dadurch runder und noch persönlicher.

Besonders beeindruckt haben mich Schiffs – aus meiner Sicht für einen Künstler überraschenden – Werte zu Stichworten wie Ehrgeiz und Wettbewerb. Zwei Beispiele (beide aus dem Essay ‚Musikwettbewerbe’), die man bei jeder Gelegenheit allen Menschen, welche Konkurrenz, Streben nach Wachstum, etc. zutiefst ablehnen, zum Frühstück servieren möchte:

  • «Das Trachten nach Wettbewerben, Wettstreiten, Wettkämpfen, also nach Konkurrenz und Rivalität gehört zu den ureigensten Eigenschaften der Menschheit.»
  • «Der Ehrgeiz bildet einen weiteren wichtigen Treibstoff der Menschheit. Ohne ihn gäbe es keine Evolution, keine Fortentwicklung. … Der Mensch ist ein unbescheidenes Wesen, er möchte schwimmen wie die Fische, fliegen wie die Vögel – wenn möglich alles noch besser.»

Dieses Buch kann man immer wieder zur Hand nehmen und geniessen.

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