
Offenbar gilt David Sedaris unter Eingeweihten als der Humorist der angelsächsischen Literatur. Die Tatsache, dass ich ihn nicht gekannt habe, outet mich als Banausen – sei’s drum. Er ist Amerikaner, lebt (aber) in England; er schreibt regelmässig für den New Yorker und für BBC Radio 4.
Das Buch ist eine Sammlung von Geschichten, mehrheitlich aus dem Leben des Autors. Es liest sich flüssig, leichtfüssig und – meistens – sehr amüsant.
Sedaris ist schwul und schreibt darüber mit der grössten Selbstverständlichkeit. Ich muss gestehen, dass ich immer wieder stolpere, wenn Schwulsein als Selbstverständlichkeit und Normalität dargestellt wird. Ein ‚husband‘ ist für mich immer noch ein Ehemann, und es fällt mir schwer, Francine als ‚husband’ von Pauline zu sehen.
In den Geschichten ist das Schwulsein – eben, weil es als Selbstverständlichkeit präsentiert wird – nicht das Thema. Im Zentrum stehen vielmehr Alltäglichkeiten, Familienbeziehungen, einfach Dinge, die einen zum Lachen oder mindestens Schmunzeln bringen.
Eine besonders schöne Geschichte ist «Standing still». Sedaris erinnert sich darin an seine eigene Jugendgeschichte, als er sich zum Künstlertum berufen fühlte. Dabei äussert er einige Gedanken über Kunst und Kreativität, die tatsächlich über das Feuilleton hinaus bedenkenswert sind, z.B.: «I could have easily held a full-time job, then come home at night and tied twigs together (was er damals als brotloser Tunichtgut tagsüber machte), but in a way I needed poverty, needed it as proof that I was truly creative. It was a cliché, of course, but one that was reinforced every time you turned around. People didn’t say ‚artist’, they said ‚starving artist’, so even if you weren’t doing anything of consequence, as long as you were hungry you were on the right track, weren’t you?»
Das Buch ist auf einem Nachttisch bestens aufgehoben und eignet sich bestens als vergnügliche und heitere Voreinschlaf-Lektüre. Bei Gelegenheit werde ich mir auch gerne weitere Werke von Sedaris zu Gemüte führen.