Jetzt – Geschichte meines Abenteuers mit der Phantasie

Jetzt – Geschichte meines Abenteuers mit der Phantasie
Karl Heinz Bohrer, 2017-12

Das ist ganz gewiss ein sehr gescheites Buch. Es wurde von Norbert Bolz, einem der Teilnehmer der SRF-Sendung «Philosophie am Stammtisch» als eines der wichtigsten im Jahr 2017 erschienen Bücher empfohlen. Aber es ist so gescheit, dass es mich überfordert.

Bohrer, der Autor, ein hoch geschätzter und ebenso tief gehasster deutscher Intellektueller, hat ein beeindruckendes CV:  geboren 1932, promovierter Germanist und Historiker, Literaturkritiker, Herausgeber der Literaturbeilage der FAZ und später des Merkur, Professor für Literaturwissenschaft in Bielefeld und Heidelberg, vielfacher Publizist, Dozent in Paris, London und Stanford, Weltenbummler mit Wohnsitzen – neben Deutschland – in Paris, London und den USA.

Sein Buch, eine Sammlung von autobiografischen Essays, behandelt und kritisiert das deutsche akademische Milieu der Jahre 1960 – 2010, das aktuelle politische Zeitgeschehen und den Vergleich der gesellschaftlich-literarischen Zustände von Deutschland, Frankreich, England und den USA. Deutschland kommt dabei äusserst schlecht weg: kleinkariert, selbstreferentiell, völlig intolerant gegenüber Abweichungen vom Mainstream, humor- und ironiefrei.

Das Buch langweilt, obwohl es gelegentlich anregend geschrieben ist. Bohrer bewegt sich so sehr im Gefängnis seiner Lieblingsthemen (Plötzlichkeit, das Jetzt, die Differenz), dass er schon sehr stark als abgehobener weltfremder und teilweise verbissener Apologet der Irrelevanz der Literaturwissenschaft wirkt. Das, was er seinen akademischen deutschen Kolleginnen und Kollegen vorwirft, betreibt er selbst, einen ironie- und humorfreien Diskurs über Themen und Dinge, die für Normalsterbliche völlig bedeutungslos sind. Er strengt sich auch keineswegs an, die Gemeinschaft der Banausen, zu der ich mich in diesem Fall zählen muss, davon zu überzeugen, dass er etwas Wichtiges zu sagen hat, oder davon, warum das, was er sagt, relevant ist.

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