In der Brandung (Il Silenzio dell’Onda, 2011)

In der Brandung (Il Silenzio dell’Onda, 2011)
Gianrico Carofiglio, 2018-18

Die Hauptperson dieses Carofiglio-Romans ist Roberto, ein Under-Cover-Agent der Carabinieri, der nach 10-jähriger äusserst erfolgreicher Tätigkeit im Kampf gegen das organisierte Verbrechen, insbesondere gegen internationale Rauschgiftsyndikate, buchstäblich aus den Fugen gerät und — in letzter Minute von einem jungen Kollegen vor dem Suizid gerettet — vom Dienst suspendiert wird und sich nun seit Monaten in einer intensiven Psychotherapie befindet.

Der Therapeut, im Roman nur ‚der Doktor’, hilft Roberto, seine Vergangenheit langsam anzunehmen und hinter sich zu lassen. In den intensiven therapeutischen Gesprächen hilft ihm der Therapeut, sich selbst zu erforschen und zu verstehen, und zu lernen, dass sein bisheriges Leben nicht nur nicht verpfuscht war, sondern auch kein Grund ist, den Glauben an sich selbst zu verlieren und jede Hoffnung auf einen Neubeginn aufzugeben.

Im Verlauf der Therapie begegnet ihm, immer vor seinem eigenen Termin, im oder vor dem Haus des Therapeuten eine Frau, die ihn anzieht. Das ist für ihn zunächst eine verstörende Erfahrung, denn seit seiner beruflichen Freistellung lebt er in einer unbewussten, aber selbst gewählten Isolation: keine Freunde, kein Beziehungsnetz, keine sozialen Kontakte, kein Sport; wenn er überhaupt mit anderen Menschen in Kontakt gerät, bleibt er distanziert, zerstreut und unkonzentriert; auf andere wirkt er vollständig abwesend und uninteressiert.

Der Kontakt zu dieser Frau, Emma, wird enger. Er realisiert, dass sie vom gleichen Therapeuten betreut wird und spürt, dass auch Emma in einer schwierigen Selbstfindungsphase steht. Die beiden finden zunehmend Vertrauen zueinander und erzählen sich gegenseitig ihre ‚Geschichten’. Das hilft beiden, die Wirkung ihrer jeweiligen Therapien zu verstärken und das Wiedergewinnen von Boden unter den Füssen zu beschleunigen. Der Durchbruch gelingt vollends, als Emma Roberto um Hilfe für ihren etwa 12-jährigem Sohn bittet, der in seiner Schulklasse darauf stösst, dass ein Mädchen, mit dem er gerne befreundet wäre, offensichtlich in grossen Schwierigkeiten steckt. Roberto kann dem Mädchen, dank seiner Polizistenvergangenheit, helfen.

Das Ende der Geschichte lässt Carofiglio offen. Aber der Schluss suggeriert eine hoffnungsvolle und für alle Beteiligten schöne Perspektive.

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