Wenn ein Unternehmen eine neue Fabrik eröffnet, werden Reden gehalten: von Vertretern des Unternehmens, der Belegschaft, der Politik (je nach Grösse der neuen Fabrik lokal, regional oder national), der Religion(en) und eventuell der Wissenschaft. Aus den Reden lässt sich leicht der Eindruck gewinnen, dass die neue Fabrik eröffnet wird, um Arbeitsplätze zu schaffen, ja dass der Zweck eines Unternehmens darin besteht, Arbeitsplätze zu schaffen.
In Wirklichkeit besteht der Zweck eines Unternehmens darin, Produkte oder Dienstleistungen herzustellen, für die eine Nachfrage oder ein Kundenbedürfnis besteht.
Der «Output» eines Unternehmens hat die Anforderungen der Kunden bezüglich Funktionalität, Qualität, Flexibilität, Zuverlässigkeit, Lebensdauer und Preis so zu erfüllen, dass er sich auf dem Markt auch gegenüber Konkurrenzprodukten durchsetzen und verkauft werden kann.
Das Schaffen von Arbeitsplätzen ist eine Funktion des Erreichens dieses Zwecks: Die Optimierung von Arbeitsintensität (Anzahl Arbeitsplätze) und Kapitalintensität (Grad der Automatisierung) eines Herstellungsprozesses richtet sich nach der Verfügbarkeit und damit dem Preis von Arbeit und Kapital. Die Optimalität des Mixes von Arbeit und Kapital ist letztlich eine primär ökonomische Entscheidung, deren entscheidendes Kriterium der Preis des Outputs und somit dessen «Verkäuflichkeit» auf dem Markt sein muss. Wer seinen Output trotz Verfügbarkeit von billigem Kapital und erprobten technischen Lösungen für einen hohen Automatisierungsgrad mit zu viel oder zu teurer Arbeit herstellt, nimmt Produktkosten in Kauf, die schlimmstenfalls die Verkaufbarkeit des Outputs verunmöglichen – er versagt als Unternehmer.
Also aufgepasst, wenn Unternehmer oder Politiker sich auf die Schulter klopfen und sich damit brüsten, zahlreiche Arbeitsplätze geschaffen oder erhalten zu haben, ist etwas faul im Staate Dänemark.
Das Konzept ,Arbeit’ ist paradox:
- Am Anfang der abendländischen Zivilisation steht die Bibel mit der «Genesis» (oder 1. Buch Moses). Dort werden Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben und dazu «verdammt», im Schweisse ihres Angesichts zu schuften»: Arbeit als Busse!
Heute ist Arbeit schon beinahe ein Grundrecht. Das «Recht auf Arbeit» wird mit dem «Recht auf ein existenzsicherndes Einkommen» verwechselt oder gleichgesetzt.
Dass dabei von Politik und Arbeitnehmervertretungen, das «Recht auf Arbeit» derjenigen, die schon eine haben, wesentlich höher gewichtet wird als dasjenige derer, die keine haben und eine suchen, ist eine weitere Perversion. - Wer arbeitslos, d.h. erwerbslos wird, verliert seine Würde – sagen diejenigen, die ein Recht auf Arbeit fordern.
Dies trifft jedoch nur für diejenigen zu, die nicht unermüdlich mit vollem Einsatz dafür kämpfen (mit z.B. Bewerbungen; Mobilität; Bereitschaft, tiefer «unten» wieder anzufangen; Umschulung, Weiterbildung), eine neue Erwerbstätigkeit zu finden. Wer das soziale Netz wie eine Hängematte benutzt, wer jede grössere Anstrengung als Vorwand für eine Auszeit (oder ein Zwischenjahr) missbraucht, beraubt sich selbst seiner Würde.
Die für die lebenslangen Erwerbschancen wichtigste Weichenstellung, die jeder Mensch für sich selbst vornimmt, erfolgt in der Jugendzeit, in der Ausbildungsphase eines Menschen. Jeder hat die Wahl, sich entweder anzustrengen oder dem «Fun» den Vorzug zu geben, eine zusätzliche Fremdsprache höher zu gewichten als eine Weltreise; Anstrengung ist kein Verstoss gegen die Menschenwürde. - Ein Menschenrecht auf «sich treiben lassen» gibt es sehr wohl, solange man auch die Konsequenzen klaglos trägt.