
Gemäss Titelseite «The most powerful thriller you will read this year» (gemeint ist wohl das Erscheinungsjahr des Buchs, d.h. 2012)
Dem kann ich zustimmen. Der Thriller spielt im Milieu der New Yorker Polizei und des organisierten Verbrechens in Harlem; er ist tatsächlich das stärkste Stück, das ich dieses Jahr gelesen habe.
Der ‚Held’ Vincent Madigan ist erfolgreicher und angesehener Polizeidetektiv, aber ein zynischer, durch mehrere zerbrochene Beziehungen und Liaisons sich selbst und der Welt gegenüber zynisch gewordener Mensch. Seit rund 15 Jahren arbeitet er mit dem lokalen Boss des organisierten Verbrechens zusammen; er verrät diesem – gegen Bezahlung – Informationen über geheime geplante Polizeiaktionen, die dessen ‚business’ gefährden könnten; umgekehrt bekommt er von jenem Tipps über geplante oder begangene Straftaten (natürlich von Tätern, die nicht zu dessen Imperium gehören), welche wiederum Madigan zu einer hohen ‚Trefferquote’, d.h. zu zahlreichen Verhaftungen und Verurteilungen führen und seinen Erfolg in der Polizei begründen. Er säuft, lebt von Aufputsch- und Beruhigungsmitteln, spielt und hat hohe Spielschulden beim ‚Chef-Verbrecher’, und natürlich auch Alimentenschulden bei seinen Ex-es. Mit einem grossen Coup gegen den ‚Chef-Verbrecher’ will er zu Geld kommen, um seine Schulden zu bezahlen. Das führt zu einem Labyrinth von Irrungen und Wirrungen, in das sich Madigan immer mehr verstrickt. Dem Autor gelingt es ausgezeichnet, die Zerrissenheit von Madigan, der zwischen seinem Zynismus und der Hoffnung, dass er doch der gute Mensch werden könne, der er im Kern zu sein glaubt. Das führt zu einem dramatischen und überraschenden Ende, ist aber vom Autor blendend und packend beschrieben. Beim Lesen steigen Puls und Blutdruck.
Der Roman ist allerdings auch sehr brutal, von der Sprache bis zu den über 10 Toten; einzelne Ermordungen und vorangehende Torturen werden mit allen grässlichen Details geschildert, was beim Leser einige Nerven voraussetzt. Die Sprache ist natürlich entsprechend politisch unkorrekt, aber prägnant und ausdrucksstark. Allerdings werden zahlreiche Abkürzungen und typische Polizeiausdrücke verwendet, deren Entzifferung nicht nur ein Wörterbuch, sondern auch viel Fantasie erfordern (z.B. ein ‚perp’ ist ein ‚perpetrator’, also ein Täter; ein ‚juvy’ ist ein Jugendgefängnis, ein OIS ein ‚officer involved shooting’, etc.).
Ein harter Stoff, der aber gut vom Fasten – oder von anderen ‚Misshandlungen’ – ablenkt.