Die Kunst, kein Egoist zu sein

Die Kunst, kein Egoist zu sein
David Richard Precht, 2011-01

Warum wir gerne gut sein wollen und was uns davon abhält

  • Teil 1 «Gut und Böse» gibt einen guten Abriss zur Evolution des Konzepts ‚Moral‘ in der abendländischen Philosophiegeschichte, ist aber insgesamt ein grosses Ärgernis.
  • Teile 2 – «Wollen und Tun» – und Teil 3 – «Moral und Gesellschaft» – sind dann eine sehr weit ausholende, wortreiche und in mancher Hinsicht redundante Auslegeordnung der persönlichen Moralvorstellungen Prechts, von Vegetarismus über Entwicklungshilfe bis Pazifismus.
  • Teile 2 und 3 gipfeln, vor allem Teil 3, in der Präsentation eines gesellschaftlichen Konzepts (à la Überwindung des Kapitalismus), das in völligem Widerspruch zu Teil 1 steht.
  • Im Wesentlichen führt nämlich Teil 1 aus, dass – evolutionsbedingt – der Mensch ein zutiefst unmoralisches, opportunistisches und egoistisches Wesen ist; im Teil 3 wird jedoch eine Gesellschaftsordnung postuliert, die nur funktionieren kann, wenn die Menschen, insbesondere politische und intellektuelle Eliten, sich so weit entwickelt haben, dass sie alles in Teil 1 Gesagte widerlegen; die Katze beisst sich in den Schwanz. Die von Precht skizzierte wünschbare Gesellschaftsordnung ist völlig frei von ökonomischem oder politischem Realitätsbezug.
  • Die Eigenschaften des Menschen, die ihn am deutlichsten von anderen Tieren unterscheiden, nämlich das Bewusstsein sowie die Fähigkeit, sich Ziele zu setzen, denken und bewerten zu können, kommen wegen des Übergewichts biologischer und neuronaler Aspekte viel zu kurz; daraus ergibt sich ein meines Erachtens einseitiges, wenn nicht falsches Menschenbild.
  • Die rund 550 Seiten liessen sich auch so zusammenfassen: Der Mensch ist schlecht. Die Welt ist schlecht. Lasst uns einen neuen ‚guten‘ Menschen und eine neue ideale Welt entwerfen.
  • Ausserdem: Prechts wohl häufigstes Wort im vorliegenden Buch ist ‚Pointe‘; er kann offenbar eine Pointe nicht von Quintessenz, springendem Punkt, Schlussfolgerung, wichtigstem Ergebnis etc. unterscheiden; es wäre ja schön, wenn man bei Prechts Pointen lachen könnte; nicht einmal das gönnt er seinen strapazierten Leserinnen und Lesern.

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