
Die kleine Fibel ist ansprechend geschrieben und aufgemacht.
Strässle behandelt mit seinen 18 Postulaten zwar explizit die Mail-Umgebung im beruflich-geschäftlichen Kontext. Sinngemäss gilt jedoch alles, was er sagt, auch für alle anderen asynchronen schriftlichen Kontexte (aus für mich unerfindlichen Gründen geht er auf die prinzipiellen Unterschiede zwischen synchronen und asynchronen Kommunikationsmedien gar nicht ein), also auch für Twitter, WhatsApp, sogar für stinknormale altmodische Briefe, etc.; und das meiste gilt sinngemäss auch für den privaten Mail-Kontext.
Ich finde es erstaunlich, dass heute, 30-40 Jahre nach dem ersten Aufkommen der digitalen asynchronen Kommunikation immer noch die gleichen Anliegen virulent sind, am wichtigsten wohl überlegte Verteiler, klare und unmissverständliche ,Betreffs’, direkte ,zur Sache Schätzchen’-Sprache, klare Aussagen zum «Um was geht es?», einfache Sprache, Verzicht auf barocken und selbstdarstellerischen Firlefanz.
Aber wenn ich die Mails oder andere e-Nachrichten, die ich erhalte, nüchtern an Strässles 18 Punkten messe, ist offensichtlich, dass die meisten Nutzer mit dem Medium der digitalen Kommunikation nach wie vor suboptimal, im Klartext sträflich fahrlässig, schlampig und respektlos umgehen.
Mir sind leider keine Untersuchungen dazu bekannt, wie viel Zeit in Büros, Amtsstuben oder Politikerleben durch nachlässiges und gedankenloses Mailen vernichtet wird – vielleicht gibt es solche Untersuchungen auch gar nicht; es wäre allerdings meines Erachtens besser und nützlicher, solche Zusammenhänge zu untersuchen und daraus Handlungsanleitungen abzuleiten, als KI-Implikationen auf unsere Welt in 50 Jahren zu erforschen. Ich bin überzeugt, dass überall dort, wo mit Mail gearbeitet wird, die Produktivität von Sendern und Empfängern massiv gesteigert werden könnte, wenn Strässles Empfehlungen durchwegs befolgt würden.